Mit diesem Kontext verbunden ist die psychologisierte Kultur der Spätmoderne,
                                          die sich durch therapeutische Selbstbeschäftigung und performative Selbstentfaltung auszeichnet und deren kapitalistische
                                          Verwertung die gesellschaftlichen Veränderungen des 20. und 21. Jahrhunderts permanent begleitet. Wie die Soziologin Eva Illouz
                                          in ihrem Buch 
Saving the Modern Soul: Therapy, Emotions, and the Culture of Self-Help (2008) nachzeichnet, entstand
                                          in der Zwischenkriegszeit der „emotionale Stil“ im Zuge einer Modifizierung von Sigmund Freuds Theorien durch die us-amerikanische
                                          Kultur der Ich-Psychologie. Kreativität nimmt heute eine grundlegende Funktion in Subjektivierungsprozessen ein, dabei steht
                                          sie im Spannungsverhältnis zwischen eigenem Begehren und sozialer Erwartung, zwischen Wunsch und Imperativ. So spricht der
                                          Kultursoziologe Andreas Reckwitz in diesem Zusammenhang auch von einem „Ideal der Kreativität“.
Der Titel der Ausstellung
                                          
Ins Dunkle schwimmen verweist atmosphärisch weniger auf ein ominöses Unbekanntes, als vielmehr auf die tiefen Gewässer,
                                          gefährlichen Strömungen und mitunter finsteren Abgründe von Selbstzweifeln und gefühlter Unzulänglichkeit, die mit Kreativität
                                          aufs Engste verbunden sind. „Be your own brand“: Selbstverwirklichung und Selbstinszenierung gehören aktuell zu den Grundkomponenten
                                          des unternehmerischen Selbst. Etwas zu tun, wofür man (ver-)„brennt“, ist Teil des Ideals eines gelungenen Lebens und wird
                                          in den sozialen Medien gehypt. Wo postpandemische Trauma-Bewältigungsstrategien statt gemeinschaftlicher Fürsorge oft nur
                                          individualisierende Self Care anbieten und sich die ökologischen, sozialen und politischen Krisen verschärfen, kommt (Selbst-)
                                          Ausbeutungsverhältnissen eine immer existenziellere Bedeutung zu.
Mit der Dialektik von kreativer Selbstoptimierung,
                                          Fürsorge und Ausbeutung eng verbunden sind wiederum Modelle künstlerischer Subjektivierung. Künstler:innen sind als „Selbstbildner:innen“
                                          par excellence prototypisch für die zum gesamtgesellschaftlichen Anforderungsprofil gewordene kreative Existenz. Dergestalt
                                          verzerrt erweist sich die moderne Idee von der „Freiheit der Kunst“ als Paradoxon und Dilemma, in dem die Vorstellung von
                                          künstlerisch-kreativer Verausgabung des Selbst zu einem „inneren Feind“ geworden ist; oder aber zu einem Prinzip, das es in
                                          bewusst gewählter Passivität oder kollektiv zu hintergehen gilt. Umgekehrt stellt sich angesichts der zunehmenden Automatisierung
                                          kreativer Handlungen die Frage nach der Verantwortung und Definition künstlerischer Arbeit grundlegend neu.
Die
                                          Ausstellung 
Ins Dunkle schwimmen versammelt künstlerische Arbeiten, die sich den widersprüchlichen Anforderungen
                                          im Kontext der Kunstproduktion widmen und dabei auf Abgründe und Grenzen stoßen. Sie bezieht dafür zum einen Werke aus der
                                          Sammlung der Angewandten ein, die die Fiktion des „autonomen Werks“ zur Disposition stellen. Zum anderen zeigt sie künstlerische
                                          Auseinandersetzungen, die nach den Bedingungen der Zurichtung des Selbst fragen und Verhältnisse zwischen Kunstproduktion
                                          und der Arbeit am eigenen Leben ausloten und nach Exit-Strategien aus der Instrumentalisierung des Kreativitäts- und Freiheitspathos
                                          suchen.
Mit Arbeiten von: Uli Aigner, Monika Baer, Linda Bilda, The Critical Ass (Anke Dyes, Niklas Lichti) &
                                          Michele Di Menna, Josef Dabernig, Hanne Darboven, Verena Dengler, Jana Euler, Harun Farocki, Jessyca R. Hauser, Alexander
                                          Hempel, Richard Hoeck & John Miller, Helena Huneke, Martin Kippenberger, Josef Kramhöller, Michael Krebber, Tonio Kröner,
                                          Maria Lassnig, Ghislaine Leung, Lee Lozano, Friederike Mayröcker, Luzie Meyer, Sigmar Polke, Ulla Rossek, Jack Smith, Josef
                                          Strau, Jean-Marie Straub, Martine Syms, Franz West, Tanja Widmann, Amelie von Wulffen, Min Yoon
Schaukasten Kunstsammlung
                                          und Archiv:
Anna Haifisch, The Artist, Tusche auf Papier, digital koloriert, 2026/17
Kuratiert von Cosima
                                          Rainer und Robert Müller 
Kuratorische Assistenz: Laura Egger-Karlegger und Manon Fougère
Ausstellungsorganisation:
                                          Judith Burger, Laura Egger-Karlegger und Manon Fougère
Ausstellungsgestaltung: Robert Müller
Leitung
                                          Universitätsgalerie der Angewandten: Anette Freudenberger
ÖffnungszeitenMi–Sa: 14:00 – 18:00
                                          Uhr (Feiertags geschlossen)
Der Eintritt ist kostenfrei!
30. Oktober 2024
Lecture-Performance:
                                          Luzie Meyer
Eine Veranstaltung im Rahmen der Vortragsreihe Repetitions. Artistic Perspectives und des
                                          Seminars Wiederholungen. Künstlerische Perspektiven organisiert von Stefanie Kitzberger (Kunstsammlung und Archiv/Kunstgeschichte),
                                          Eva Maria Stadler und Jenni Tischer (Kunst und Wissenstransfer)
Ort: Auditorium, Universität für angewandte Kunst Wien
Vordere Zollamtsstraße 7, 1030 Wien
9. November 2024, 18:00 Uhr
Performance: Alexander Hempel
Eine Veranstaltung im Rahmen der Vienna Art Week
Ort: Universitätsgalerie der Angewandten im Heiligenkreuzerhof
Schönlaterngasse 5/Grashofgasse 3, 1010 Wien
13. November 2024, 14:00 Uhr
Kurator*innenführung mit
                                          Cosima Rainer und Robert Müller
Eine Veranstaltung im Rahmen der Vienna Art Week
Ort: Universitätsgalerie
                                          der Angewandten im Heiligenkreuzerhof
Schönlaterngasse 5/Grashofgasse 3, 1010 Wien
14. November 2024, 18:00
The African Desperate, Martine Syms, 2021
Im Anschluss an das Screening findet ein Gespräch
                                          mit den Künstler:innen Brooklyn J. Pakathi, Frida Robles Ponce und der Theoretikerin Nanna Heidenreich statt.
Eine Veranstaltung
                                          im Rahmen der Vienna Art Week
Ort: Universitätsgalerie der Angewandten im Heiligenkreuzerhof
Schönlaterngasse 5/Grashofgasse
                                          3, 1010 Wien
Bitte um Anmeldung unter: ka-newsletter@uni-ak.ac.at
20. November 2024, 15:00
Ausstellungsführung mit Laura Egger-Karlegger und Manon Fougère (Kuratorische
                                          Assistenz)
Ort: Universitätsgalerie der Angewandten im Heiligenkreuzerhof
Schönlaterngasse 5/Grashofgasse
                                          3, 1010 Wien
14. Januar 2025, 14:00
Kurator*innenführung mit Cosima Rainer und Robert Müller
Ort: Universitätsgalerie der Angewandten im Heiligenkreuzerhof
Schönlaterngasse 5/Grashofgasse 3, 1010 Wien
15. Jänner 2024
„Questions“: Ghislaine Leung
Eine Veranstaltung im Rahmen der Vortragsreihe
                                          Repetitions. Artistic Perspectives und des Seminars Wiederholungen. Künstlerische Perspektiven organisiert von
                                          Stefanie Kitzberger (Kunstsammlung und Archiv/Kunstgeschichte), Eva Maria Stadler und Jenni Tischer (Kunst und Wissenstransfer)
Ort: Auditorium, Universität für angewandte Kunst Wien
Vordere Zollamtsstraße 7, 1030 Wien
23. Jänner 2025,
                                          16:00 Uhr
Kurator*innenführung mit Cosima Rainer und Robert Müller
Ort: Universitätsgalerie der
                                          Angewandten im Heiligenkreuzerhof
Schönlaterngasse 5/Grashofgasse 3, 1010 Wien
Mehr
                                          Information