Auflösung ist nicht Verschwinden, sondern Verlagerung,
Zerstreuung, ein Überleben in anderer Form: Unter dem Titel You dissolve / It’s just another way you exist präsentiert
die Angewandte bei der Vienna Contemporary 2025 von 11. bis 14. September Arbeiten aus der Abteilung TransArts.
Drei Absolventinnen des ausklingenden Sommersemesters zeigen dabei Werke, die sich thematisch
im instabilen Raum zwischen Präsenz und Abwesenheit, Erinnerung und Auslöschung, Materialität und Transformation bewegen.
Sie fordern uns auf, genau hinzuschauen, was sich auflöst, aber nicht endet, und zu erkennen, wie Spuren in Sprache, Raum
und Form fortbestehen.
Mit
Range 2C00-2C5F lässt
Mariia Mihdieieva eine vergessene
Schrift wiederaufleben und verwandelt das glagolitische Alphabet, eine antike slawische Schrift, in eine neue Schriftart,
die zwischen Code und Kommunikation oszilliert. Ihre Arbeit setzt sich mit der Politik der Lesbarkeit auseinander – wer kann
gelesen werden, wer bleibt unsichtbar? – und fordert Raum für Stimmen zurück, die Gefahr laufen, in der Stille zu verschwinden.
Maja Bojanićs Yours is the world in which I move uninvited spürt der Wärme eines Körpers
nach, der aus den Geschichtsbüchern, aber nicht aus der Erinnerung verschwunden ist. Durch eine Infrarotlinse bleibt die abwesende
Gestalt ihrer Urgroßmutter, die 1992 während einer staatlich veranlassten Streichung tausender Einwohner Sloweniens aus dem
Einwohnerregister juristisch
ausgelöscht wurde, als gespenstischer Rhythmus des Lebens bestehen: als Rückstand von
Berührung, Atem und Bewegung, der sich weigert zu verschwinden.
Mit
Eternal 24/7 wendet sich
Katharina
Birkmann der zerbrechlichen Figur des Schneemanns zu, einem vergänglichen Wesen, das ständig zu Wasser zerfließt.
Zwischen Spiel und Verschwinden, Ökologie und Kultur wird der Schneemann zu einem fragilen Denkmal – ein Symbol dafür, wie
wir das Ende betrauern und dennoch versuchen, es festzuhalten.
In ihrer Zusammenschau artikulieren diese
drei Praktiken Auflösung als einen generativen Zustand. Ob durch Skripte, bürokratische Löschungen oder vergängliche Figuren
– die Werke sind als Ablehnung von Endgültigkeiten zu verstehen, sie vermitteln mit Nachdruck, dass das, was sich auflöst,
auch Bestand hat.
Die Angewandte auf der Vienna Contemporary:11. bis 14. September
2025
Stand F87Messe Wien
Trabrennstraße 7
1020 Wien
U2 Station Krieau
TransArts Die Abteilung TransArts (Institut für bildende und mediale Kunst) agiert im
Spannungsfeld zwischen Kunstpraxis und Kunsttheorie. Ihre Lehre berücksichtigt verschiedene künstlerische Ausdrucksformen
(Bildende Kunst, Medienkunst, Literatur, Sound, Architektur, Performance, Schauspielkunst, etc., die miteinander in Dialog
treten, sich gegenseitig beeinflussen und beflügeln. Zusätzlich zur kontinuierlichen Betreuung der Studierenden durch das
Leitungsteam werden Vorlesungen und Workshops von Gastprofessor*innen und international renommierten Persönlichkeiten angeboten.
Auf diese Weise wird die Vielfalt von gegenwärtiger Kunst und Kunsttheorie einprägsam und praxisnahe vermittelt. Kontinuität
und Wechsel der Perspektiven ermöglichen bei TransArts eine projektorientierte, zeitgemäße und zugleich zukunftsweisende künstlerische
Ausbildung.
Biografien:Katharina Birkmann (*1998 in Berlin, DE) studierte TransArts
an der Universität für angewandte Kunst Wien und Textil- und Oberflächendesign an der Kunsthochschule Weißensee Berlin. Ihre
Arbeiten wurden unter anderem im Volkstheater Wien, im Verein der Bildenden Künstlerinnen Österreichs (VBKÖ), in der Österreichischen
Nationalbibliothek und im Savvy Contemporary, Berlin, gezeigt. In ihrer künstlerischen Praxis beschäftigt sie sich mit Material,
Zeitlichkeit und Geschichte in den Bereichen Skulptur, Film und Performance. Sie lebt und arbeitet in Wien.
https://katharinabirkmann.net/ Maja Bojanić (*1997) ist eine bildende Künstlerin, deren Praxis sich mit der Poetik und Politik
des Verbleibens auseinandersetzt. Ihre Arbeit hinterfragt, wessen Narrative bestehen bleiben, wessen verschwinden und welche
Kräfte ihre Sichtbarkeit bestimmen. Ihre Arbeiten wurden international präsentiert, unter anderem im Mumok Cinema, Wien (2025);
bb15, Linz (2025); Škuc Gallery, Ljubljana (2024); VBKÖ, Wien (2024); City Gallery of Nova Gorica (2024); aqb, Budapest (2022)
und P74 Gallery, Ljubljana, wo sie zweimal für den OHO Young Visual Artist Award (2023, 2024) nominiert wurde. Sie hat einen
BA in Bildhauerei von der Akademie für Bildende Künste und Design in Ljubljana (2020) und einen MA in TransArts von der Universität
für angewandte Kunst Wien (2025).
http://majabojanic.info/@_majabojanic
Mariia Mihdieieva (*2001, Ukraine) hat einen BA in Grafikdesign von der Staatlichen Akademie
für Design und Bildende Künste in Charkiw und einen MA in Transdisziplinären Künsten von der Universität für angewandte Kunst
Wien. Sie arbeitet mit Textilien, Malerei, Druckgrafik, Design und Video und kombiniert dabei oft Handwerk mit experimentellen
Ansätzen. Ihre Praxis untersucht Schriftsysteme, Sprachen und Migration in Bezug auf Erinnerung, Geschichte und Technologie.
Ausgehend von ihren eigenen Erfahrungen mit Vertreibung reflektiert sie darüber, wie Schriften Identität und kulturelle Zugehörigkeit
prägen, sich oft einer einfachen Übersetzung widersetzen und eine aktive Auseinandersetzung der Betrachter erfordern. Sie
hat ihre Arbeiten auf der Klima Biennale Wien (2024), dem Angewandte Festival (2023, 2025) und der Internationalen Öko-Poster-Triennale
„The 4th Block” (2018) präsentiert.
@unreal.mari